ZEITREISE MIT DEM ERFOLGSCOACH

Als Ernst Dokupil im Frühjahr 1994, kurz vor Ablauf der Bundesliga Saison 1993/94, als neuer Rapid Trainer bestellt wurde, lief alles plötzlich besser, schaffte der Klub den sportlichen Turn-around, der in dieser Kurzfristigkeit unerwartet in großen Erfolgen mündete. Er war der sportliche Feldherr an der Spitze und Baumeister dieser Wiedergeburt und Renaissance des österreichischen Rekordmeisters. Führte das Team in sehr kurzer Zeit in lichte sportliche Höhen. Da ich in meinem Buch nur eine Zusammenfassung und Auszüge unseres Gesprächs abbilden konnte, an dieser Stelle das komplette Interview.

 

Michi Hatz: Was hat dich damals in wirklich schweren und dürren Zeiten der Grün-Weißen dazu bewegt, dich für das Amt des Rapid Trainers zu bewerben?

Ernst Dokupil: Es war so, dass ich in der Zeit vorher überaus erfolgreich mit Simmering, Vienna und Admira war, immer hinter der Spitze platziert mit meinen Mannschaften. Und ich dachte, was soll ich jetzt noch machen? Wieder so eine Mannschaft hinter der Spitze, oder ich warte auf einen Großklub. Und für mich war der beinahe Konkurs die Gelegenheit, denn sonst hätte Rapid sicher einen anderen Trainer genommen. Ich dachte, ok, jetzt haben sie kein Präsidium. Jetzt haben sie eigentlich nichts. Nur den Kuhn Werner und mich. Da können wir doch was erreichen. Da redet mir keiner drein. Ich war schon davor auch immer informiert, was bei Rapid passiert. Habe alles gewusst was sich in der Kabine abspielt. War vorbereitet. Die Spieler hab ich eigentlich auch alle gekannt. Und ich dachte, so ein Traditionsklub wie Rapid, da muss man hingehen, wenn die Chance besteht. Und mit meinen Erfolgen, die ich hatte. Schließlich habe ich über zwanzig Nachwuchs-Spieler aus der Jugend rauf gebracht. Zwischenzeitlich haben sogar acht bis neun im Nationalteam gespielt. Es ist halt auch ein Kultklub. So ähnlich wie der HSV in Deutschland. Deswegen bin ich zu Rapid gegangen. Ich möchte aber auch sagen, auch wenn ich mir damit keine Freunde mache, ich bin kein Rapid Fan. Aber ich bin ein Rapidler. Von der Denke her. Ein Fan wird anders definiert. Ich fühle mich dem Verein zugehörig. Ich hab begriffen, was der Verein will und was man dazu tun muss. In den ersten Wochen habe ich mich auch mit den Rapid-Fans, den Ultras, konspirativ zum Gedankenaustausch getroffen.

 

Michi Hatz: Was hat letztlich den Ausschlag gegeben, dass sich die Vereinsführung damals für dich entschieden hat?

Ernst Dokupil: Erstens war ich wahrscheinlich ein billiger Trainer. Da war der Dr. Oertel von der Raiffeisen. Der ist damals in Pension gegangen und wurde im Zuge des Ausgleichs vom Bank Austria Chef Randa gefragt, ob er das bei Rapid übernehmen will. Mit ihm und Werner Kuhn, hab ich mich dann in einem Kaffeehaus in Baden getroffen. Sie haben mir erzählt, mit dem Heri Weber auch gesprochen zu haben. Warum sie mich genommen haben, kann ich nicht genau sagen, aber dass ich so viele Nachwuchsspieler rausgebracht habe, war mit Sicherheit ein Thema. Ich hab nicht viel verlangt. War also sicher nicht der Teuerste. Später dann doch, weil ich mir schöne Erfolgsprämien ausgemacht hab (lacht schelmisch).

 

Michi Hatz: Wie war damals dein erster Eindruck, als du der Mannschaft präsentiert wurdest?

Ernst Dokupil: Na ja, da kann ich mich gar nicht mehr so gut erinnern. Ich habe nichts Besonderes wahrgenommen. Außer vielleicht, dass keine Disziplin war. Hab gleich das mit dem Kartenspielen unterbunden. Das erste Spiel, ich glaube in St.Pölten war das, da hab ich einen Spieler aufwärmen geschickt und der hat sich einfach hinters Tor gesetzt. Solche Sachen halt. Ich hab das gleich genau beobachtet. Das Kartenspielen mochte ich überhaupt nicht. Ich wollte, dass die Spieler miteinander reden. Ich hab schon gewusst was ein jeder kann, aber dass sie in dem Moment nicht top sind auch. Aber ich wusste das lässt sich beheben. Es waren zu viele Spieler drinnen, die nicht rein gepasst haben. Dann hab ich ein paar dazu geholt und das ist sehr gut gegangen.

 

Michi Hatz: Was waren deine ersten Maßnahmen um Verbesserungen herbei zu führen?

Ernst Dokupil: Erstens war es für mich eindeutig, dass die Kondition nicht stimmt. Das hab ich auch schon vorher gewusst, hab ich mit freiem Auge gesehen. Ich seh‘ das bei einem Spieler, das kann ich heute noch. Und das hat absolut nicht gestimmt. Mir war klar im Sommer müssen wir richtig anschieben. Der Hans (Anm. Kondi-Trainer Meier) hat das ganz gut gemacht. Heut würde man wahrscheinlich noch ein bissl mehr trainieren oder vielleicht abwechslungsreicher. Zudem hab ich gleich versucht eine Lockerheit reinzubringen. Wie bei allen meinen Mannschaften. Da hatte ich immer ein Theater. Ich hab das bemerkt bei den amerikanischen Sportlern bei der Olympiade. Die waren viel lockerer als alle anderen und auch viel erfolgreicher. Das hab ich beobachtet von der Ferne und immer umgesetzt bei meinen Mannschaften. Und beobachten, das kann ich ganz gut. Wir waren die lustigste Mannschaft bei Vienna die es gab. So war es dann ja auch bei Rapid. Wenn ich alleine an die Geschichte mit den Bildern von Hans Krankl denke, die wir zuerst alle im Kabinengang abgenommen und dann eines davon hundert Mal kopiert und wieder überall aufgehängt haben. Ihm hat es nicht so getaugt. Aber wir haben ein Theater gehabt. Das nimmt die Schärfe von dem Ganzen. Sorgt für Lockerheit. Damit sich jeder etwas traut. Eine geprügelte Mannschaft traut sich nichts.

 

Michi Hatz: Wir waren ja eine verrückte und spaßige Truppe und du hast das ja auch sehr gefördert. Welche lustige Anekdote kommt dir da als erstes in den Sinn?

Ernst Dokupil: Israel. Das mit der heißen Salbe in der Hose. (kann sich kaum beruhigen vor Lachen). Ein paar sind ja erst im Bus draufgekommen. Das fällt mir auf die Schnelle ein. Da gab‘s ja so viele Sachen in dieser Mannschaft. Überall war ich nicht dabei. Der Lugi (Anmerkung Vereinsarzt Dr. Lugscheider) war ja arm.

 

Michi Hatz: Ganz ehrlich, hast du damit gerechnet, dass sich der Erfolg so schnell einstellen würde?

Ernst Dokupil: Konnte man ja nicht erwarten. Sicher nicht. Aber dass wir uns verbessern, das hab ich gewusst. Dass da auch viel Potenzial nach oben ist. Für uns waren zwei Sachen unheimlich wertvoll, die Stadthalle und der Cupsieg. Auf einmal waren wir in ganz anderen Sphären. Ich will die Stadthalle nicht überbewerten, aber das war schon ein unheimlicher Motivationsschub. Gerade bei Rapid, die in der Halle nicht oft so erfolgreich waren.

 

Michi Hatz: Was waren damals deine Vorstellungen, deine Idee vom Fußball und Spielphilosophie?

Ernst Dokupil: Mein Ding war, ich hab schon bei der Admira das offensivste Team der Liga gehabt. Bei der Vienna sowieso. Das war immer meins. Offensiv und attraktiv spielen. Hinten kann schon hin und wieder was passieren. Kann mich auch erinnern, wie ihr manchmal zu mir gekommen seid euch zu beschweren, dass ihr hinten nur zu dritt und zu wenig seid. Ich hab dem Schötti dann geraten er soll dem Trifon sagen, dass er für zwei spielen soll, dann seid ihr auch zu viert (lacht wieder vergnügt). Wenn der Trifon dann im Angriff hängen geblieben ist nach einem Corner, hab ich dann dem Didi Kühbauer gesagt, er soll hinten ein bissl aufpassen. Der konnte das, der war ein gescheiter Spieler.

 

Michi Hatz: Was war das Besondere an dieser 96er Mannschaft, deiner Mannschaft?

Ernst Dokupil: Aus meiner Sicht war das eine gut zusammengestellte, sich ergänzende Mannschaft, wo jeder eine besondere Stärke hatte. Und so hab ich auch immer alle Spieler bei Transfers ausgesucht. Mir die Frage gestellt, hat der eine besondere Stärke. Irgendwas. Und das haben alle gehabt. Das war schon beim Aussuchen immer so bei mir. Auf das schaue ich heute noch, wenn ein neuer Spieler kommt. Wenn nicht, dann kann er gleich heimgehen. Zudem alle sehr lustige, gute und lockere Typen. Der Stumpf zum Beispiel, der war schon überall abgeschrieben. Oder der Pürki (Anmerkung Stürmer Marcus Pürk), der war auch so eine Erfindung. Das hat auch irgendwie geklappt. Die haben alle ganz gut dazu gepasst.

 

Michi Hatz: Was waren für dich die wichtigsten Faktoren für diesen plötzlichen Aufschwung?

Ernst Dokupil: Das haben wir eh gerade gesprochen. Das da 14 bis 15 Spieler für die Mannschaft jederzeit einsetzbar waren. Und die alle unglaublich gut zusammen gepasst haben. Auch die nötige Klasse gehabt haben, manche Spiele zu gewinnen, die man sonst selten gewinnt. Auch von der Mentalität darauf aus waren, diese zu gewinnen. Da waren genug Siegertypen dabei.

 

Michi Hatz: Du warst ja bekannt dafür mit schwierigen Spielern gut umgehen zu können. Anfangs hattest du ja auch deine liebe Not mit dem leider schon so früh verstorbenen Trifon Iwanow und da gab‘s einige Dispute. Wie hast du es geschafft diesen speziellen und sehr unangepassten Charakter zu bändigen, auf Linie zu bringen und auf das Team einzuschwören, sodass er mit der Zeit immer stärker wurde?

Ernst Dokupil: Na ja, schau, die Geschichte hat eigentlich so angefangen mit dem Trifon. Ich hab den Schweizer Nationaltrainer angerufen, der war damals auch bei Neuchatel Trainer vom Iwanow. Weiß gar nicht mehr wie er geheißen hat. Lange Haare hatte der. Der hat gleich gesagt: „Bist du wahnsinnig, lass‘ die Finger davon. Das ist ein Narr“. Darauf hab ich gesagt: „Gut, den nehm ich“! (wir müssen beide herzhaft lachen) Er war natürlich total schwierig. Der war immer schwierig. Aber ich bin halt auch ein bisschen auf ihn eingegangen. Wenn er in die Brause eine rauchen gegangen ist, bin ich natürlich nicht reingegangen. Solche Sachen halt. Aber mit einem Schmäh war er schon zum Nehmen. Das hat er auch gern gehabt. Manche Dinge hat er glaub ich auch absichtlich gemacht. Zum Beispiel das zu spät kommen. Hatte dann immer eine andere Ausrede parat. Er hat immer irgendwas gehabt. Wie er aber dann gesehen hat, was seine Aufgabe ist, wurde er immer besser. So einen Spieler bekommt man auch nicht mit Zwang. Das ist bei ihm auch von innen gekommen, dass er das auch will.

 

Michi Hatz: Du hast uns ja immer viel Freiraum gegeben und es laufen lassen. Ich kann mich aber erinnern, dass du ein paar Mal auch richtig sauer warst und das auch gezeigt hast. Was konnte dich am meisten aus der Ruhe bringen und richtig ärgern?

Ernst Dokupil: Muss ich nachdenken. Zum Beispiel wenn man so überhaupt nicht gewinnen will. Oder sich nicht wehren will. Gewinnen kann man ja nicht immer. Aber nicht wehren. Das mag ich gar nicht. Oder wenn man sich gar nicht an die Vorgaben der Mannschaft hält. Klar, kann man auch individuell etwas machen, aber es muss schon etwas rauskommen dabei. Das hat mich am meisten geärgert.

 

Michi Hatz: Eine sehr wichtige Rolle hat ja auch dein Betreuerteam gespielt, das du dir damals selber zusammengestellt hast?

Ernst Dokupil: Ja, klar. Außer dem Meier Hans waren auch alle am Schmäh eingestellt. Der Funki (Anmerkung Co- und Tormanntrainer Feurer) natürlich am meisten. Oder der Lugi (Vereinsarzt Lugscheider) ist zum Beispiel oft nur am Platz gekommen, um Schmäh zu führen. Aber alle sehr wertvoll. Die waren auch alle für die Psyche der Spieler wichtig. Funki hat dem Michl Konsel mit seinem Tormanntraining sicher sehr geholfen. Und der Hans (Meier), der hat es mit seiner halben Stunde Ausdauertraining geschafft ins Europacupfinale zu kommen und den Meistertitel zu erreichen mit seiner Mannschaft. Und das war auch nicht leicht. Er war sehr hart in Sachen Konditionsarbeit, aber weich im Wesen gegenüber den Spielern. Ein sehr guter Freund und Helfer. Dr. Lugscheider war ein sehr guter praktischer Arzt und auch Psychologe. Der hat uns sehr viel geholfen. Hat sich in Sportbelangen gut ausgekannt. Und nicht zu vergessen Wolfi Frey, der sehr viel abgefangen hat innerhalb der Mannschaft. Auch ein guter Psychologe, neben seiner Masseurstätigkeit. Und Funki Feurer ist sowieso der gewesen, der sehr viel Stimmung reingebracht hat. Der überall involviert war. Haben alle sehr viel beigetragen zum Erfolg. Das ist mir ein großes Anliegen, das nachdrücklich zu betonen.

 

Michi Hatz: Was war spontan das schönste Spiel für dich?

Ernst Dokupil: Na, Sturm. Trotz der Europapokal-Erfolge war Sturm für mich ein perfektes Spiel.

 

Michi Hatz: Der schlimmste Moment?

Ernst Dokupil: Die Niederlage im Finale. Die tut mir heut‘ noch weh. Alle sagen, dass ist der größte Erfolg. Für mich ist es die größte Niederlage, die es gibt.

 

Michi Hatz: Hättest du wählen müssen zwischen einem der beiden Titel, den im Europacup oder in der Bundesliga, wie wäre deine Wahl ausgegangen?

Ernst Dokupil: Puuuh. Beide. (lacht) Beide in einem Jahr. Ich könnte es nicht sagen. Und Sturm war schon was ganz Besonderes. Man weiß halt genau, in das Europacup Finale kommt man nicht mehr. Aber das nächste Match ist immer das Wichtigste. Das wollte ich unbedingt gewinnen. Beim Finale habe ich auch nicht an den Meistertitel gedacht.

 

Michi Hatz: Ich werde sehr oft auf diese Zeit angesprochen und meine ersten Worte sind immer „Das war so eine geile Zeit“. Ergeht es dir auch so und was antwortest du in den meisten Fällen?

Ernst Dokupil: Nein, mich reden sie nicht so viel darauf an. Rede gar nicht so viel über diese Zeit. Nicht mal am Rapid Platz.

 

Michi Hatz: Wie hast du den ganzen Rummel in der Zeit vor dem Finale wahrgenommen? Mehr als Genuss oder mehr als Belastung?

Ernst Dokupil: Nein, Genuss war es keiner. Das steht einmal fest. Das war überhaupt kein Genuss. Entfesselte Journalisten. Ein Trubel rundherum. Was weiß ich. Da waren noch spanische Manager wegen mir da. Die wollten mich als Trainer haben. Aus San Sebastian. Das ist nie so publik geworden. Abgelenkt hat mich das nicht. Ich habe denen von Haus aus gesagt, dass es mich nicht interessiert. Wir hatten damals ein anderes Niveau und waren im Europacup Finale. Das war für mich kein Thema. Wäre auch beruflich und aus privaten Gründen nicht gegangen. Habe gleich abgesagt. Der Rummel hat schon gestört. Hat auch die Mannschaft eindeutig gestört. Du verlierst einfach die Übersicht. Die Journalisten waren überall und alle sind ja irgendwie bekannt und gut Freund. Das kann man schwer verhindern. Das hat mich gestört und war keine gute Vorbereitung. Die Organisation sonst hat geklappt, war eh in Ordnung. Auch das Hotel in Brüssel.

 

Michi Hatz: Der Tag des großen Finales- was sind die ersten Gedanken, die dir dazu einfallen?

Ernst Dokupil: Scheißtor. (lacht wieder) Einfach ein schlechtes Spiel mit einem g‘sch… Tor. Wir wären sonst vielleicht irgendwann ein bißchen besser ins Spiel gekommen. Leider. Das Schöne war, dass 15.000 mitgeflogen sind und uns angefeuert haben. Auch nach dem Match immer noch stehen geblieben sind und uns applaudiert haben. Das hat mich dann noch mehr getroffen. Aber ist natürlich auch eine schöne Erinnerung.

 

Michi Hatz: Wenn jetzt das Finale wäre, was würdest du anders machen? Im Vorfeld, bei der Aufstellung, in deinem Verhalten oder sonstiges?

Ernst Dokupil: Nein, eigentlich nichts. Ich hab auch nie darüber nachgedacht. Das war so in dem Moment und habe getan, was ich für richtig gehalten habe.

 

Michi Hatz: Du hast ja nur einmal getauscht im Finale. Andererseits waren dir auch die Hände gebunden. Die beiden jungen Haller und Lederer auf der Bank, zudem eher defensive Kräfte, hätten wohl wenig Sinn gemacht. Aber warum hast du nicht Mandreko gebracht?

Ernst Dokupil: Kann ich mich jetzt gar nicht mehr so erinnern und das weiß ich auch nimmer. Auch wegen dem Sergej. Ich hatte zu ihm auch die ganze Zeit generell wenig Vertrauen. Obwohl er ein sehr guter Spieler war. Das war blöd von mir. Ich seh‘ den Fehler bei mir. Ich hab beim Sergej nie erkannt, was der Kerl eigentlich drinnen hatte. Das hab ich erst nachher gesehen, wie er in Berlin war. Dass der auch einen passablen Außendecker spielen kann. Ich hätte ihn eher defensiv gesehen. Er sich selber auch. Aber ich hatte die Befürchtung, dass er da irgendeinen Blödsinn macht. Aber er war wirklich ein guter Spieler. Da gibt’s nix. Das war sicher auch ein Grund, dass ich ihn im Finale nicht mehr gebracht hab‘, weil ich nicht das Vertrauen zu ihm hatte.

 

Michi Hatz: Was hat für dich letztlich den entscheidenden Ausschlag gegeben, dass wir das Finale verloren haben? Was waren aus deiner Sicht die Hauptgründe?

Ernst Dokupil: Wir haben nicht auf einem Top-Level gespielt. Und um ein Spiel zu gewinnen, kann man nicht nur versuchen gut auszusehen. Das sind auch die Spiele, die ich überhaupt nicht leiden kann. Wenn man verliert und trotzdem meint es hat eh gut ausgesehen. Das Spiel offen gehalten, ohne Chance, ohne Torschuss, ohne gefährlich zu werden. Heute noch stört mich das. Paris war besser als wir und wir hätten da drüber gehen müssen. Zumindest ein bis zwei von uns. Wir hätten die Entscheidung suchen müssen, dann wären sie am Zug gewesen. Aber wenn man nicht aufs Tor schießt oder andere Aktionen hat, dann verdienst du das Gewinnen auch nicht.

 

Michi Hatz: Wie groß war deine persönliche Enttäuschung nach dem Finale?

Ernst Dokupil: Sehr groß. Wirklich sehr. Ich bin es immer noch. Wenn ich in ein Finale komme, dann will ich es auch gewinnen. Und diese Chance. Das kommt einem erst nachher so richtig in den Sinn, jetzt warst du dort und wirst in deinem Leben nie wieder dorthin kommen mit deiner Mannschaft. Chance verpasst. Wir haben es nicht gehabt an dem Tag. Nicht die beste Tagesform. Nicht mal Normalform.

 

Michi Hatz: Wie hast du den Abend danach in Brüssel noch verbracht?

Ernst Dokupil: Bin schlafen gegangen. (ich muss ungläubig schmunzeln) Ja, ganz sicher schlafen gegangen. Konnte auch gut schlafen. Ich hab gut wegschieben können. Das kann ich immer noch. Ich schieb sowas weg und nach zwei Stunden bin ich wieder normal.

 

Michi Hatz: Hattest du damals die Sorge, dass uns im Meisterschaftsfinish die Luft ausgeht, auch mental, und wir die Meisterschaft noch verspielen?

Ernst Dokupil: Wir haben einen dichten Europacup Kalender gehabt. Ich hab das ja damals erst in Österreich durchgebracht, dass mindestens drei Tage zwischen den Spielen sein müssen. Donnerstag haben wir international gespielt und am Samstag wollten sie uns wieder in der Meisterschaft ran lassen. Sonst kann ich mich daran jetzt gar nicht erinnern. Auch nicht an die Spiele und Gegner. Nicht mal wie die ausgegangen sind. Für mich war der Höhepunkt das Sturm Spiel, das ist mir in Erinnerung geblieben.

 

Michi Hatz: Wie würdest du das damalige Team mit der heutigen Rapid Mannschaft vergleichen?

Ernst Dokupil: Wir hatten elf Spieler, die in der Relation mit Sicherheit eine Klasse besser waren als die heute am Werk sind. Die Startelf und auch der Kader waren sicher besser. Ich meine Eigen-Können und Qualität der einzelnen Spieler. Man müsste es nur gegenüberstellen, jeden Einzelnen und das würde mindestens zehn zu eins für damals ausgehen. Ich hab diese Gegenüberstellung der einzelnen Spieler früher oft mit dem Gegner gemacht. Und wenn wir zwei drei Spieler vorne hatten, dann hatte ich schon ein gutes Gefühl und Selbstvertrauen und war ich mir sicher, dass wir das Spiel gewinnen. Bei PSG zum Beispiel waren wir ein, zwei hinten nach. Da war halt klar, dass wir da irgendwie drüber kommen müssen. Da weiß man auch wie es wahrscheinlich ausgeht, aber da hofft man dann halt auch mehr.