Was für ein Jahr, was für ein Genuss, was für eine Freude, was für schöne neue Alben…
Im digitalen Zeitalter, in Zeiten des Überflusses, des ungehinderten schnellen und leichten Zugangs auch zu Musik, in diesem unüberschaubaren großen Angebot, ist es längst keine Selbstverständlichkeit mehr, sich die Zeit für ein ganzes Album zu nehmen. Sich diesem durchgehend und konzentriert zu widmen, die volle und ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken, eine echte Chance zu geben, darauf gierig zu werden. Somit sind heutzutage die größten Bewertungs- und Erfolgskriterien die Verweildauer im Player, auch die Skip-Tasten-Resistenz sowie die Häufigkeit des wiederholten Hörens aller einzelnen Titel (nicht nur der Singles oder besten Lieder). Bei mir zumindest. Und so komme ich zu meinem persönlichen, wie immer äußerst subjektiven, Ranking der veröffentlichten Alben von 2017:
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THE XX „I See You“
Schon sehr früh in diesem Kalenderjahr eine meiner absoluten Lieblings Platten des Jahres, die kaum mehr zu toppen war. Die Rückkehr dieser besonderen britischen Band mit ihrem begeisternden dritten Studio Album. Aus Sehnsucht und Verlangen nach guter Musik wurde mit einem Schlag erfreute Gewissheit. Ein mittlerweile schon recht selten gewordenes Gefühl von Euphorie schon beim erstmaligen Hören! Diese Band hatte in der langen Pause mit diversen side projects nichts von ihrer ganz eigenen und sehr besonderen Qualität eingebüßt, eher noch ausgebaut und erweitert. Diese Musik, diese Stimmen, einfach ein Traum, ein sehr schöner wohlgemerkt! Über die zwei großen Anklang findenden vorab veröffentlichten Singles („On hold“, „Say something loving“), müssen nicht mehr viele Worte verloren werden, die haben sich schnell ausgebreitet und es sich ziemlich lange sehr gemütlich gemacht in so manchen Körperregionen, beginnend im Ohr, Endstation Herz! Und auch die weiteren kleinen Meisterwerke standen dem kaum nach. Diese ungewöhnlichen, vielen verschiedenen Töne und Klänge, die permanent gegeneinander und auch gegen den Melodiefluß und Rhythmus antreten, um am Ende doch wieder zu Einklang, Harmonie und einem großen Ganzen zusammen zu finden. Dieser unglaubliche Soundteppich, der immer wieder gekonnt ge- und unterbrochen wird, um bei einem lediglich dumpfen, leisen Klingen im Hintergrund oder gar kompletter Stille, die sanft verträumten und doch so ausdrucksstarken Stimmen von Romy Madley Croft und auch die im ständigen genialen Zusammenspiel von Partner Oliver Sim, in den Vordergrund zu stellen und so zu noch intensiv spürbarer Geltung zu verhelfen. Kurz brechen, um aber gleich darauf wieder anzuschwellen zu einer dichten Atmosphäre und gewaltiger Stimmung. Zwischendurch immer wieder angetrieben von unaufdringlichen Clubbeats, die diese Platte von den beiden Vorgängern abhebt und damit auch drüber stellt."I have been a romantic for so long..." singt Romy im formidablen "I dare you"- und das ist genau die richtige Platte dazu!
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The National „Sleep Well Beast“
Diese so verehrte und geliebte Band hat uns wieder einmal reich beschenkt mit dem neuen Album. The National sind einfach eine ganz wunderbare Band mit viel Herz und viel Charisma, die schon viele großartige Sachen herausgebracht hat. Und mit der aktuellen Platte können sie dieses hohe Niveau abermals halten, ist sogar noch eine gewisse Weiterentwicklung dabei. Wieder ihr ganz eigener und so besonderer Stil und doch keine Kopie der älteren Werke. Und die unvergleichliche Stimme und Gesang von Sänger Matt Berninger, die den vorwiegend langsamen Songs eine eigene tiefe Seele gibt. Dazu die feinen, niemals ermüdenden Melodien und zwei ausgesprochen starke Singles. So kann es weitergehen. So soll es weitergehen. So wird es hoffentlich auch weitergehen.
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Cigarettes after Sex „Self-titled Debut Album“
Die Newcomer des Jahres, die lange an ihrem formidablen Debut gearbeitet hatten. Viel berührender kann man über die Liebe und deren manchmal auch schmerzlichen Begleiterscheinungen kaum besser Musik machen. Ein Song schöner als der Andere. Wunderbare Klänge, wunderbare Melodien, wunderbare und besondere Stimme, die sich fast flüsternd ihren Weg direkt ins Herz bahnt und dort verweilt. Melancholie und Sehnsucht in großem Stile und trotzdem keineswegs aufdringlich oder aufgesetzt. Ich wiederhole mich- einfach wunderbar diese Platte.
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Portugal the man „Woodstock“
Diese, immerhin schon achte Veröffentlichung der US Indie Rockband ist ein wahres Hit-Feuerwerk. Fast alle Songs haben hohes Chart Potenzial und großen Wiedererkennungs-Faktor. Sehr unterhaltsam, sehr vielseitig. Jeder Song hat sein Eigenleben, seinen ganz eigenen Charakter. Mit unterschiedlichen Stilen und Musikrichtungen wurde hier zu Werke gegangen. Das macht diese Platte auch aus. Da ein bisschen Funk, dort ein bisschen Swingin‘ Sixties, dann wieder Disco Elemente und sogar ein wenig Rap. Und immer sehr viel Pop. Sehr eingängige, einprägende Melodien, Refrains und auch der Gesang.
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Morrissey „Low In High School“
Nach (anscheinend) überstandener Krankheit ist er wieder zurück, der King of Poem. Und er präsentiert sich überraschend kampfbereit und wild entschlossen, wie eh und je. Die ersten Nummern der Platte, allen voran die ausgezeichneten „I wish you lonely“ oder „Jacky’s only happy when she‘s up on the stage“ sind sehr dynamisch und mehr als überzeugend. Dazwischen getragene wehklagende klassische Morrissey Balladen mit klaren, eindringlichen, zeitkritischen oder politischen Botschaften, nicht minder gut. Der weise Mann hatte immer was zu sagen und schön, dass er es immer noch tut. In dieser so besonderen Form. Ein rundes Werk mit kaum Schwachstellen, das sicher zu seinen besten Solo Alben zählt. Danke, good old Moz! My dear friend, for such a long time already!
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Slowdive „Slowdive“
Eine mehr als geglückte Reunion der Shoe Gazer Band der frühen 90er Jahre, die im Sog und Stil von The Cure oder Siouxsie and the Banshees drei Platten produzierte. Ganz feiner vollblütiger, stimmungsvoller Dreampop, einmal elegisch verspielt vor sich hin klingend, dann wieder energisch und druckvoll vorantreibend. Großartiger dichter atmosphärischer Sound, wie in Watte gepackt, den eine geheimnisvolle Aura umgibt. Immer wieder aufgehellt durch die elfenhafte Stimme der Co-Sängerin und extrem schöne Gitarrenmelodien. Lediglich 8 Songs, die es aber wahrlich in sich haben. Mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar besser als das damalige Original- ein seltenes Phänomen. Die unerwartete Überraschung des Jahres. The Cure hätte das nicht besser hinkriegen können.
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MIK „New Room"
Das sehr gelungene Comeback des talentierten ehemaligen Bandleaders der heimischen Indie Rockband Zeronic, der mit vielen anderen Vertretern die österreichischen Indie Fahnen ganz hoch hält. Sehr abwechslungsreiches, aber trotzdem homogenes Album mit ausgezeichnetem Songwriting. Pathetischer, gefühlvoller Indie Pop und Rock, angelehnt an Vorbildern wie beispielsweise die großartigen Suede oder auch The National. Berührende Balladen wechseln mit schönen Midtempo Popsongs. Geile Musik aus Österreich. Gut ist das.
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FUTURE ISLANDS „The Far Field“
Sehr gefälliges und erfreuendes Album dieser Band mit dem großen Talent für gute Singles, das beweist, dass das großartige „Seasons (waiting on you)“ keine Eintagsfliege war. Flotter Synthiepop angetrieben vom Bass und Drum-Computer und getragen vom sehr speziellen Sänger, der sich so lustig bewegt, aber eine sehr besondere tiefe, dunkle, mystische und leidenschaftliche Tonalität mit seiner Stimme und Gesang erzeugt. Und als Draufgabe auch noch ein nettes Duett mit 80er Ikone Debbie Harry.
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KASABIAN „For Crying Out Loud“
Es sind leider nicht mehr die ganz großen Hits und Refrains wie früher. Und die eigenwillige Single „You‘re in love with a psycho“ ist auch nicht mehr als ein interessantes, schon auch unterhaltsames, aber doch eher gewagtes Experiment. Dennoch finden sich darauf einige sehr gute Nummern, wie die treibenden „Ill Ray (the King)“, „Comeback Kid“ oder „Bless this Acid House“ sowie die bewegende Ballade „Put your life on it“, die allesamt der Platte genug Leben einhauchen. Und alleine schon wegen dem, in der Limited Edition mitgelieferten grandiosen und mitreißenden Live Mitschnitt vom letztjährigen Homeground Gig im King Power Fußballstadion von Leicester, hat dieses Album seinen Fixplatz in meinen Charts.
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SHOUT OUT LOUDS „Ease My Mind“
Die guten „alten“ Schweden. Nicht mehr ganz so zwingend wie früher, aber immer noch sehr schöne und angenehme Pop Musik mit bewährten Mitteln. Mit den 80er Synthies, den Indie Gitarren und eingängigen Pop Melodien. Vor allem die Singles überzeugen, ob das Fernweh- machende „Jumbo Jet“, das fröhliche „Oh Oh“ oder „Porcelain“. Dazu mit „Paola“ oder „Ease my mind“ klassische Popsongs der Marke Shout out Louds. Der Albumtitel ist bezeichnend...leichte Kost, die zwischendurch gar nicht so unwillkommen ist. Manchmal aber schon fast zu glatt, sodass manche Songs an der Gewöhnlichkeit und somit leider auch Langeweile kratzen. Gebe bereitwillig zu, dass genauso gut auch einige andere Bands mit ihren Platten auf diesem Platz stehen könnten. Ansichtssache.
Schöne Weihnachten und alles Gute für 2018....vielleicht lesen wir uns da wieder!
Take care, you all out there!
There is a light that never goes out!
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